Warum DB Systel für strategische Zusammenarbeit auf Open Source setzt

Zum Inhalt springen

Artikel: Warum DB Systel für strategische Zusammenarbeit auf Open Source setzt

09/2024 – Kein modernes Unternehmen kommt heute ohne Open-Source-Software aus: wer eine Webseite betreibt, eine App anbietet oder auch nur Server nutzt, verwendet dabei höchstwahrscheinlich Softwarekomponenten unter Open-Source-Lizenzen. Vor vielen Jahren hat DB Systel deshalb beschlossen, den Umgang damit zu professionalisieren.

DB Systel kooperiert mit anderen Eisenbahnunternehmen, um gemeinsame, offene Lösungen zu schaffen, die langfristig Aufwand und Kosten im Eisenbahnalltag reduzieren. Dies ist aber nur ein Baustein unserer Strategie, um mit Open Source die Zusammenarbeit und Effizienz in der Deutschen Bahn und darüber hinaus zu fördern. Denn Open Source wird von der gleichen Motivation getragen, die auch uns antreibt: sich vernetzen, an übergreifenden Projekten arbeiten, Wissen teilen und gemeinsam etwas zum Nutzen aller schaffen. 

Die Strategie für Open Source bei der Bahn 

Die meisten Open-Source-Komponenten sind scheinbar unsichtbar: In Servern und Diensten kümmern sie sich um teils enorm komplexe Aufgaben, die beinahe jede Anwendung benötigt und haben sich deshalb oft als Standard etabliert. Da Open Source in der IT-Praxis längst überall ist, hat sich die Bahn schon vor Jahren entschlossen, strategisch damit umzugehen und unter anderem das Open Source Manifest veröffentlicht. Denn die Zusammenarbeit und Standardisierung, die zum Wesen von Open Source gehören, fördern Innovation und schaffen Synergien. 

„Das heißt, wir machen Open Source – und wir machen es richtig“, sagt Max Mehl zur Open-Source-Strategie der DB Systel (Link nur für DB-Mitarbeitende erreichbar). Max Mehl kümmert sich mit seinem Kollegen Cornelius Schuhmacher um alle Aspekte von Open Source: „Wir gehen das strategisch an, setzen die richtigen Rahmenbedingungen und wissen auch, dass wir uns in einem Reifegradprozess befinden: Vom reinen ‚wir nutzen Open Source‘ bis hin zu ‚wir tragen zu Open Source bei und gestalten es mit‘ – wir befinden uns gerade auf einem Sprung auf eine neue Ebene.“

Gemeinschaftlich entwickeln und beitragen 

Der systematische Umgang mit Open Source fördert Zusammenarbeit und Effizienz: „Man schaut, was es schon gibt. Das ist wirtschaftlich sinnvoll. Ich muss das Rad nicht neu erfinden“, erklärt Max Mehl. Auf der anderen Seite steht hier das Teilen – Weiterentwicklungen als „Contribution“ für andere zu veröffentlichen. „Dies strukturiert zu machen, ist gerade im Open-Source-Bereich enorm wichtig“, so Max Mehl. 

„Wir Bahnen sind in vielen Bereichen keine Konkurrenz zueinander. Ich habe keinen Geschäftsmehrwert darin, wenn die eine Bahn etwas schlechter oder besser macht als die andere“

Max Mehl, Open Source Strategy, DB Systel

Profilbild Max Mehl

Das ist keine reine Großzügigkeit, sondern hat handfeste Vorteile: „Wenn wir auf ein Open-Source-Projekt setzen und daran selbst intern weiterentwickeln, ist es ratsam, das öffentlich weiterzugeben“, beschreibt Max Mehl: „Dadurch reduzieren wir den Wartungsaufwand: Während wir eine interne Änderung machen, entwickelt sich die Hauptsoftware oft trotzdem weiter. Dann müssten wir unser Feature immer wieder in die von der Community weiterentwickelte Software einbauen. Und das ist auf Dauer unfassbar aufwendig.“ Deshalb sei es sinnvoll, die eigenen Änderungen gleich „nach oben“ an das Hauptprojekt weiterzugeben. „Da machen wir uns das Leben einfacher und helfen auch noch anderen.“  

Offene Lösungen speziell für den Bahnbetrieb 

Im Arbeitsalltag der beiden Open-Source-Manager gibt es vielfältige Aufgaben. Denn Open Source umfasst beispielsweise viele unterschiedliche Lizenzmodelle. Diese Lizenzen jeweils zu verstehen und die daraus entstehenden Verpflichtungen einzuhalten, ist eine der Herausforderungen bei der alltäglichen Arbeit mit Open Source. Max Mehl und Cornelius Schumacher beraten Teams, schaffen Richtlinien und stellen Informationen für Umsetzungsteams bereit, fördern aber vor allem den kooperativen „Sharing-Ansatz“ von Open Source. Dafür engagiert sich DB Systel in verschiedenen Organisationen wie der Linux Foundation oder dem Bitkom. Max Mehl und Cornelius Schumacher treiben diese Partnerschaften als Teil ihres Jobs voran. 

Insbesondere die Mitgliedschaft in der „OpenRail Association” zeigt das Potenzial der Zusammenarbeit mit Open Source. Denn hier hat sich die Deutsche Bahn mit anderen Eisenbahnen zusammengeschlossen, um Projekte gemeinsam voranzutreiben: „Wir sehen viele Punkte, wo Open Source enorme technische und wirtschaftliche Vorteile hat: Weil wir teilweise sehr spezifische Prozesse und Herausforderungen haben. Da gibt es oft keine Software, die ich fertig vom Markt kaufen kann“, berichtet Max Mehl aus der Bahn-Praxis. „Das sehen wir auch bei den anderen Bahnen. Da wird viel eigenentwickelt und es sollte daran gedacht werden, das möglichst gemeinsam zu tun.“  

Bahnsoftware über Grenzen und Unternehmen hinweg entwickeln 

„Wir Bahnen sind in vielen Bereichen keine Konkurrenz zueinander.“ Aktuell entsteht beispielsweise ein gemeinsames Open-Source-Projekt, um die Migration auf digitale Wagenkupplungen für den Güterverkehr zu planen: „Da habe ich keinen Geschäftsmehrwert drin, wenn die eine Bahn das schlechter oder besser macht als die andere“, begründet Max Mehl die naheliegende Zusammenarbeit. Schon zuvor hat beispielsweise die französische SNCF den „Open Source Railway Designer“ für Fahrplangestaltung und Kapazitätsplanung offen entwickelt, die Schweizer SBB hat ihren „Netzgrafikeditor“ für die langfristige Planung des Schienennetzes als Open-Source-Projekt veröffentlicht.  

„Es spart allen Ressourcen und macht es leichter, wenn wir zusammenarbeiten. Das führt oft zu erfolgreicheren IT-Projekten“, so der Open-Source-Beauftragte. Als Unternehmen eigenen Code zu veröffentlichen, kann auch andere Vorteile haben: „Wir haben zum Beispiel eine tolle Idee für einen Prozess, für einen Daten- oder Softwarestandard. Implementieren wir diesen als Open Source, können wir möglicherweise mit vergleichsweise geringem Aufwand einen de-facto-Standard schaffen. Vor allem, wenn andere Unternehmen aus dem Sektor daran mitarbeiten, ihr eigenes Know-how reinbringen, ist das positiv für uns und andere.“  

Open Source schafft DB Systel die Möglichkeit, unsere vernetzte, partnerschaftliche Arbeitsweise über die Grenzen der Systel und der Deutschen Bahn hinaus umzusetzen. So erreichen wir gemeinsam mehr, als wir es jeweils einzeln könnten. 

Dies könnte dich auch interessieren