Mit digitalen Workflows zu effizienteren Arbeitsmethoden
Artikel: „Wo hakt es denn?“ – Wie der Einkauf der Bahn mehr Transparenz in seine Beschaffungen brachte
04/2025 – Effiziente digitale Prozesse dank neuer Workflows und eines unterstützenden Tools. Der ‚Allgemeine Einkauf‘ der Deutschen Bahn und dessen IT-Expert:innen haben gemeinsam mit DB Systel komplexe Einkaufsvorgänge einheitlich und für alle Beteiligten transparenter gestaltet.
In einem großen Infrastrukturunternehmen wie der Deutschen Bahn wird immer etwas benötigt: vielleicht handelt es sich um Bleistifte, eine Lizenz für eine neue Software – bis hin zu Weichen und neuen Hochgeschwindigkeitszügen. In Summe betreut der strategische Einkauf der Bahn rund fünf Milliarden Euro an Beschaffungen pro Jahr. Die Geschwindigkeit, Transparenz und Effizienz des Einkaufs ist ein wichtiger Faktor dabei, wie gut die Bahn sich für die Aufgaben der Zukunft rüsten kann.
Dank eines neuen Prozesstools auf Basis der Low-Code-Plattform des strategischen Partners Pegasystems und neuer Arbeitsabläufe sind diese Prozesse nun effizienter, transparenter und standardisiert. Um dies zu erreichen, hat der Konzerneinkauf gemeinsam mit DB Systel die gesamte Prozesskette neu erdacht und gemeinsam mit den Mitarbeitenden in die Praxis gebracht. Der jeweilige Prozess-Status und -Fortschritt ist nun für alle Beteiligten transparent: Alle Beteiligten können jederzeit sehen, wo ein Vorgang aktuell steht. Auch der Konzern erhält jetzt die nötigen übergreifenden Einblicke für die Steuerung der strategischen Veränderungen, die sich zum Beispiel aus dem S3-Programm ergeben.
Die Rolle des Einkaufs bei der Deutschen Bahn
Wenn im Alltag der Bahn etwas gebraucht wird, dann kümmert sich der Konzerneinkauf darum, den Preis sowie die Konditionen zu verhandeln und dass die Anforderungen der jeweiligen Fachabteilung erfüllt werden. Der Einkauf der Bahn besteht aus mehreren Bereichen und insgesamt rund 1.000 Mitarbeitenden. Der „Allgemeine Einkauf“ ist dabei für all das bei der Bahn zuständig, was nicht unter „Fahrzeuge“ oder „Infrastruktur“ fällt: „Alles, was du im Büro um dich herum siehst, ist vom Allgemeinen Einkauf“, beschreibt Volker Muhr. Er hat dieses Software- und Prozessprojekt für die 250 Mitarbeitenden im Allgemeinen Einkauf geleitet. Im Alltag ist er bei der Bahn für den Einkauf von IT-Personaldienstleistungen verantwortlich.
Der Einkauf der Bahn ist permanent mit komplexen Ausschreibungen und Vergabeverfahren beschäftigt. Interne Konzernrichtlinien und externe Regeln wie das Lieferkettengesetz stellen klare Forderungen an die Arbeit im Einkauf. Das Vergaberecht und Kartellrecht seien hierbei typische Regulierungen, aber auch das Zuwendungsrecht – der richtige Umgang mit Fördermitteln, erklärt Volker Muhr: „Wir mussten feststellen, dass wir trotz der umfangreichen Anforderungen viel auf Zuruf und per E-Mail gearbeitet haben.“
Transparenz in komplexe Abläufe bringen
Die konkreten Abläufe der Umsetzung waren in der Vergangenheit nicht immer einheitlich: „Sogar innerhalb von einzelnen Beschaffungsteams wurde es jeweils anders gemacht“, beschreibt Volker Muhr die Vergangenheit. Diese leicht unterschiedlichen und manuellen Prozesse haben funktioniert, hatten jedoch ihre Schwächen: „Wir hatten in der Vergangenheit teils große Durchlaufzeiten“, berichtet er: „Die kamen unter anderem dadurch zustande, dass wir als Einkäufer:innen für die Beschaffung im Auftrag eines Bedarfsträgers agierten.“
Denn hier fehlte oft die Transparenz zwischen den beteiligten Stellen: die „Bedarfsträger“, also die Fachabteilung, die neues Material benötigt, war nicht jederzeit mit eingebunden. Auch das Management, das Aufträge am Ende abzeichnet, erfuhr erst am Ende des Einkaufsprozesses von den Details und hatte womöglich Nachfragen. „Wo stehen wir gerade, wo hakt es denn?“ war in der Vergangenheit eine typische Frage im Einkauf.
Bei Urlaubsvertretungen oder Einarbeitung von neuen Mitarbeitenden im Einkauf waren die fehlenden Standards ebenfalls ein Hindernis. Für die Mitarbeitenden im Einkauf bedeutete es zudem viel Aufwand, einen Überblick über Vorgänge zu ermöglichen: „Einkäufer:innen mussten neben der Bearbeitung eines Vertrages auch noch Transparenz für das Management herstellen und beispielsweise eine Excel-Tabelle ausfüllen, was wenig mit der eigentlichen Arbeit zu tun hatte“, nennt Felix Jäger, Product Owner des Teams Procurement Tools & Documents (Proflows) der DB AG, als einen weiteren Nachteil der damaligen Vorgänge. Er digitalisiert mit seinem Team Prozesse im Einkauf des Bahnkonzerns und hat die technische Umsetzung der neuen Lösung übernommen. In diesem Zusammengang betont Michael Boback, Leiter IT-Systeme Beschaffung bei der DB AG, dass die Digitalisierung dieser Prozesse nicht nur den Aufwand für die Mitarbeitenden reduziert, sondern auch die Effizienz des gesamten Einkaufsprozesses deutlich steigert.
„Wir nutzen Pega erfolgreich seit mehreren Jahren. Die Workflows verbessern nachhaltig die Effizienz der Leistungsprozesse der Beschaffung und unterstützen dabei die Ziele unserer Kund:innen. Pega hat sich daher als fester Bestandteil unserer IT-Strategie etabliert.“

In wenigen Monaten zur neuen Praxis
2019 fiel die Bahn den Entschluss, die Abläufe im Allgemeinen Einkauf auf einheitliche Prozesse und ein einheitliches Werkzeug zu transformieren. Das Projekt und die Lösung heißt intern „Source2Contract“ und beschreibt das Ziel: die gesamte Prozesskette ab der ersten Anfrage in einer Lösung abzubilden – vom Zulieferer bis zur Unterschrift. Volker Muhr erinnert sich begeistert an die Geschwindigkeit im Projekt: „Im April 2020 fiel der Startschuss für die Umsetzung. Neun Monate später waren wir so weit, in meiner Abteilung den ersten Versuch zu machen.“
Es ging im gleichen Tempo weiter: „Drei Monate später hat der gesamte IT-Einkauf produktiv teilgenommen. Noch ein halbes Jahr später hat der gesamte Allgemeine Einkauf damit gearbeitet.“ Volker Muhr ist davon überzeugt, dass die Flexibilität von Workflow-Tools wie Pega mit dem Low-Code-Ansatz auch in vielen anderen Fällen in den Händen der Mitarbeitenden die Effizienz von Abläufen mit klassischen Enterprisewerkzeugen wie SAP deutlich steigern könne.
„Das ist ein wirklich komplexer Prozess. Wir haben es geschafft, nach nicht einmal 1,5 Jahren eine Anwendung ins Leben zu rufen, die das erfüllt, was wir gebraucht haben. So etwas habe ich bisher noch nicht gesehen und ich bin schon lange in der IT.“

DB Systel war bereits von Beginn an in einem gemeinsamen Workshop mit eingebunden: „Wir wurden schon involviert, da war die Toolauswahl noch nicht getroffen“, erinnert sich Dirk Böning-Corterier von DB Systel. Er hat mit seinen Kolleg:innen die Plattform bereitgestellt und bei der Prozessgestaltung beraten: „Und was ich sehr gut und bezeichnend fand: dass alle an einem Tisch gesessen haben, auch die Mitarbeitenden, die diese Prozesse durchführen sollen.“ Diese frühe und enge Zusammenarbeit sei ein wichtiger Erfolgsfaktor des Projekts gewesen und habe im bereichsübergreifenden Projektteam viel Vertrauen geschaffen.
Die schnelle inhaltliche und technische Umsetzung gelang durch eine enge Verzahnung aller Mitarbeitenden im Projekt: Die Fachabteilung rund um Volker Muhr und Felix Jägers Team für Einkaufsdigitalisierung bildeten gemeinsam mit DB Systel ein agil arbeitendes Projektteam: „Es tauchte dann kaum noch auf, wer aus welchem Unternehmen ist, sondern es gab sehr kurze Wege“, erinnert sich Dirk Böning-Corterier.
Ein neues Prozessdesign für die AlltagsaufgabenVolker Muhr betont, wie wichtig es im Projekt war, zu erkennen, dass die Konzernrichtlinien zwar ein Ergebnis beschreiben, aber der Weg nicht zwingend vorgegeben ist. Der Workflow in Pega bietet nun eine Führung, um dieses Ergebnis auf dem effizientesten Weg zu erreichen. Denn der Weg zur Transformation der Einkaufsprozesse war weit mehr als ein reines Digitalisierungsprojekt: Durch neue, standardisierte Arbeitsschritte und den engeren Austausch in den Abläufen haben sich die Arbeitsmethoden im Einkauf ebenfalls stark verändert. Dies war für einige Mitarbeitende kein einfacher Weg und teilweise mit Überwindung verbunden. Die Kolleg:innen bei diesen Veränderungen zu begleiten, überzeugen und den Wandel erfolgreich zu moderieren, war daher für den gemeinsamen Erfolg genauso wichtig wie die Umsetzung der technischen Anforderungen.
„Die Umsetzung hatte nicht nur mit der Einführung von IT zu tun, sondern primär mit einem einheitlichen Prozessbild. Es ging dann ganz schnell – aber zunächst war es wichtig, mit einem kleinen Teil anzufangen, um daraus Feedback zu sammeln. Denn es ging auch um die Menschen, die anders arbeiten müssen, als sie bisher gearbeitet haben.“

Standards und Transparenz für die Konzernstrategie
„Einheitliches Arbeiten ist ein wichtiges Thema, das wir im Konzern aktuell überall umsetzen wollen: Als Deutsche Bahn wollen wir Standardisierung, klare Prozesse definieren und diese wirklich leben“, betont Dirk Böning-Corterier von DB Systel. Heute arbeiten die Einkäufer:innen mit einheitlichen Prozessen, die einfacher zu lernen sind, da das System sie Schritt für Schritt durch die Prozesse führt. Dies erleichtert die Einarbeitung und gegenseitige Vertretung – in Zeiten des Fachkräftemangels sind dies kritische Erfolgsfaktoren für den Konzern.
Alle Beteiligten und Entscheidenden sind jetzt von Beginn eines jeden Einkaufsprozesses eingebunden, können jederzeit den aktuellen Stand der Beschaffung sehen und bei eventuellen Rückfragen sofort eingreifen. Übergreifende Auswertungen erlauben Einblicke, die zuvor nur mit hohem Aufwand möglich waren. Auch die regulatorischen Vorgaben sind bereits in den Workflows integriert: heute assistiert das System Mitarbeitende elegant durch den Dschungel der Bürokratie und die geltenden Rahmenbedingen.
Diese neue Transparenz und Effizienz zeigt ihre Stärken insbesondere im Hinblick auf strategische Entscheidungen und wichtige Programme des Konzerns: „Was wäre denn gewesen, wenn wir mit dem Stand von damals in die strategischen Veränderungen gegangen wären, wie wir sie heute haben?“ fragen sich die Treiber Volker Muhr und Dirk Böning-Corterier: „Wir haben für strategische Maßnahmen komplette Transparenz über unseren Prozess und eine viel bessere Diskussionsbasis, was wir zukünftig besser machen könnten.“