DB Fahrwegdienste digitalisiert die Personaleinsatzplanung für Arbeiten am Gleis

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Artikel: DB Fahrwegdienste digitalisiert die Personaleinsatzplanung für Arbeiten am Gleis

10/2024 – Eine App statt Zettel und Excel: Die Mitarbeitenden der DB Fahrwegdienste arbeiten draußen an der Strecke und sichern die Gleise für Bauarbeiten ab. Zusammen mit DB Systel haben die Fahrwegdienste ihre Einsatzplanung und Leistungserfassung digitalisiert.

Entlang der 33.000 Kilometer Schienenstrecke in Deutschland muss jeden Tag an vielen Stellen gemäht, repariert und abgesichert werden. Die DB Fahrwegdienste sind als Tochterunternehmen der DB InfraGO exakt auf diese Leistungen am Gleis spezialisiert: „Wir sind der Anbieter für Systemdienstleistung an der Fahrbahn und haben insgesamt fünf Geschäftsbereiche“, berichtet Edgar Schülke, Projektleiter Digitalisierung bei DB Fahrwegdienste. Der größte Teil der insgesamt rund 3.000 Mitarbeitenden arbeitet in der Sparte „Baustellenservice“. 

Der Baustellenservice kümmert sich beispielsweise um Absperrungen und unterschiedliche Warnsysteme an Baustellen oder Bahnübergängen. Das ist immer dann essenziell, wenn Mitarbeitende im Gleis tätig sind. Dies passiert jeden Tag, an sehr vielen Orten gleichzeitig. Die weiteren Bereiche der DB Fahrwegdienste beliefern Baustellen mit Material, fliegen Drohnen, kümmern sich um Umwelt- und Projektmanagement, erledigen aber vor allem ganz handfest die Pflege an der Strecke – in Form von Winterdiensten, Forst- oder Vegetationsarbeiten. 

Eine Mitarbeiterin der DB Fahrwegdienste im Einsatz am Gleis
Eine Mitarbeiterin der DB Fahrwegdienste im Einsatz am Gleis
Quelle: DB Fahrwegdienste
Eine Mitarbeiterin der DB Fahrwegdienste im Einsatz am Gleis


Tausende Einsätze mit Excel und Access verwalten 

Aufträge gelangen auf unterschiedlichen Wegen in die Büros der Fahrwegdienste und haben in der Praxis nur wenige Tage Vorlaufzeit. Bisher haben die einzelnen Niederlassungen diese Aufträge und die Disposition der Mitarbeitenden mit jeweils eigenen Exceltabellen verwaltet: „Jede der sieben Niederlassungen hat unterschiedliche Excel-Formate und es gab noch eine Access-basierte Datenbank“, so Edgar Schülke. 

Diese erprobten Excel-Abläufe haben bisher ihren Zweck erfüllt, sind als Dispositionslösung jedoch unnötig kompliziert: „Ich habe einen Einsatzplan, dazu eine Art Baustellenliste und muss überall die gleichen Informationen in einem anderen Format einfügen – um sie dann bei kurzfristigen Umplanungen wieder zu ändern“, beschreibt Edgar. Für sehr erfahrene Disponent:innen sind diese Abläufe dank der Routine kein großes Problem und mit stetigem Copy/Paste sogar erstaunlich schnell. Für die Einarbeitung neuer Kolleg:innen ist die Komplexität jedoch eine große Hürde: „Unser Geschäft ist ohnehin nicht selbsterklärend“, sagt der Digitalisierungsverantwortliche.  

„Ich habe gerade als neue:r Disponent:in keine Übersicht: wer fährt denn von wo aus los und wer hat welche Qualifikation?“ Dies sind wichtige Informationen, um das richtige Personal für die jeweiligen Aufgaben effizient einzuplanen, unnötig lange Anfahrten zu vermeiden. Wenn zu viele Disponent:innen gleichzeitig in Excel arbeiten, könnte es zudem vorkommen, dass wichtige Formatierungen verloren gehen: „Dann wusste niemand mehr, wer wen informiert hat“, erinnert sich Edgar Schülke. Die dezentralen, jeweils leicht unterschiedlichen Prozesse der Niederlassungen bieten auch der Zentrale keine ideale Übersicht.  

„Jemand muss die bereits abgeschlossene Planung wieder in die Datenbank eingeben. Da haben wir einen hohen Aufwand zur kennzahlenorientierten Unternehmenssteuerung, die man sich zukünftig hoffentlich per Knopfdruck ziehen kann.“ 2022 hat die Geschäftsführung schließlich den Auftrag für eine neue Lösung gegeben. „Mit dem Ziel, die Effizienz im Prozess der Disposition und bei der Stundenabrechnung zu erhöhen und Standards zu etablieren“, so Edgar Schülke. Dabei war es der Geschäftsführung wichtig, dass die Kolleg:innen, die mit den Systemen arbeiten, von Beginn an einbezogen werden: „Die Betroffenen sollen die Projekte selbst gestalten.“ 

Zwei Projekte werden zu einem 

So begann 2022 die Suche nach einem einheitlichen Prozess und einer ebenso einheitlichen Softwarelösung für alle Niederlassungen. „Ich wollte von Anfang an lieber eine Standardlösung haben, anstatt etwas entwickeln zu lassen“, erinnert sich Edgar Schülke. „Denn der Prozess, den wir haben – Personal mit Technik und der richtigen Qualifikation zur richtigen Zeit an den richtigen Ort zu schicken – das ist kein Hexenwerk, jedes Unternehmen mit einem technischen Außendienst hat das.“ In dieser Phase verschmolzen zunächst zwei Digitalisierungsprojekte zu einem: Die digitale Personaldisposition und der digitale Leistungsnachweis, der die Papierzettel auf der Baustelle ablösen sollte.  

„Es ist eine sehr partnerschaftliche, effektive Zusammenarbeit. Das Projektteam seitens DB Systel – die technische Projektleitung und Beraterin – sind sehr engagiert und sehen das Projekt auch als ihr persönliches Baby. So verfolgen wir effizient und produktiv unser Ziel.“

Edgar Schülke, Projektleiter Digitalisierung, DB Fahrwegdienste GmbH

Foto Edgar Schülke

Denn die Dokumentation der Arbeitszeit hatte ebenfalls viel Potenzial für Digitalisierung: „Unsere Mitarbeitenden arbeiten draußen am Gleis, im Wald, in der Fläche. Sie erfassen da ihre Leistungen auf einem Leistungszettel und lassen sich diesen vom Auftraggeber vor Ort unterschreiben“, sagt Edgar Schülke. Dort endet die Reise der Leistungsdokumentation jedoch nicht: Diese Stundenzettel wurden physisch oder als PDF mehrfach weitergeleitet und freigegeben, bis die Arbeit schließlich abgerechnet werden kann. 

Die Außendienst-Cloudlösung für technische Einsätze 

Nachdem Edgar Schülke mit den Dispositionsleiter:innen den Bedarf aufgenommen und die Basisprozesse definiert hatte, gab es eine erste Anforderungsliste: „Mit der sind wir los und haben uns zunächst im Konzern umgehört.“ Hier kreuzten sich die Wege der DB Fahrwegdienste und der DB Systel: „In dieser Phase der Recherche bin ich dann auf das MBA-Team der DB Systel gestoßen“, erklärt Edgar Schülke. Das MBA-Team („Microsoft Business Applications“) ist auf die verschiedenen Geschäftsanwendungen von Microsoft Dynamics 365 sowie die Microsoft Power Platform spezialisiert.  

Dennis Fischer, Product Owner in diesem Team, erinnert sich an den Erstkontakt: „Wir haben in einem Discovery-Call abgeklopft, was die High-Level-Anforderungen sind und ob Dynamics mit dem ‚Field Service Modul‘ eine mögliche Lösung wäre.“ Dieses Modul ist speziell für die Planung und Disposition des Außendienstes konzipiert. Nach dem Start des Projektes ging das MBA-Team der DB Systel schnell in die Praxis über: „Gemeinsam mit unserem Partner Avanade – einem Joint Venture von Accenture und Microsoft – haben wir uns die Prozesse angesehen und auf einer Demo-Umgebung nachgebaut. Damit man sieht, wie so etwas funktionieren kann, sich das nicht nur vorstellt, sondern auch einmal zu sehen bekommt“, berichtet Dennis Fischer.  

„Wir können mit Microsoft Dynamics 365 auf eine der Standard-Plattformen im Konzern setzen und das hat uns das Leben um einiges einfacher gemacht“, sagt Dennis Fischer. Denn die Konzernrichtlinien zu wichtigen Themen wie Security oder Datenschutz erfüllt DB Systel auch bei solchen Cloudlösungen von Haus aus: „Es war ausschlaggebend, dass es sich im Konzern besser zusammenarbeitet und wir mit der DB Systel sowie dieser Lösung sichergehen können, dass diese ganzen Themen im Hintergrund stimmen“, bekräftigt Edgar Schülke von den Fahrwegdiensten.  

Im Detail unterscheidet sich das Geschäft der Fahrwegdienste von anderen Unternehmen, die Techniker:innen disponieren. „Field Service ist für klassische Außendiensttätigkeiten gedacht wie die Kopierer-Reparatur. Unser Geschäft ist dann doch anders, wir haben zwar nur einen Einsatz pro Tag, wir haben meistens nur einen Ort – aber zum Beispiel fixe Zeiten und das Thema Qualifikation ist bei uns ganz wichtig.“ Dennis Fischer ergänzt: „Wir haben den gesamten Prozess von vielen Anwenderperspektiven durchdacht und für jeden optimiert: Disposition, Serviceleitung, operativ Mitarbeitende, Zeiterfassung, Kaufleute.“ 

Die neue Standardlösung mit maßgeschneiderten Extras und eigener App 

Hilfreiche Softwareanpassungen machten aus der Standardlösung eine maßgeschneiderte Anwendung für die Fahrwegdienste, ohne dabei den Standard zu verlassen: Das System prüft jetzt automatisch die Arbeitszeiten bei der Disposition: „Sind die Ruhezeiten richtig, arbeiten die Kolleg:innen nicht zu lange draußen? Das war ein erheblicher Customizing-Aufwand“, sagt Edgar Schülke. Nicht zuletzt ging es bei den Anpassungen auch darum, die Zahl der nötigen Schritte oder Klicks zu minimieren, um die Akzeptanz der neuen Lösung zu steigern. Ein besonders wichtiger Schritt im Projekt war die eigens entwickelte Power App, die alle operativen Mitarbeitenden bei ihren Einsätzen am Gleis begleitet. In der App sehen die Mitarbeitenden ihre Buchungen: was wann und wo für sie geplant ist. Auch die bisher papierbasierten Leistungsnachweise sind jetzt digital in dieser App. Mitarbeitende erfassen ihre Einsatzzeiten und lassen sie sich digital abzeichnen. Der Prozess erlaubt es zudem, dass die Einsatzleitung die Leistungen des gesamten Trupps einträgt und gemeinsam abzeichnen lässt, wie dies früher auf Papier bereits möglich war. Nicht zuletzt können die Mitarbeitenden die Übersicht ihrer Zeiteinträge in der App kontrollieren. 

„Das Schöne an Dynamics ist, dass es verschiedene Wege zum Ziel gibt, nicht nur einen harten Prozessweg“, beschreibt Edgar Schülke. „Das heißt, wir haben auch bei der Entwicklung immer zwei Personas betrachtet. Das eine ist der oder die erfahrene Disponent:in, die einfach schnell verbuchen will.“ Dann können Disponent:innen die Arbeitsaufträge einfach per Drag and Drop oder aus dem Auftrag heraus zuweisen. Die zweite Zielgruppe sind die weniger erfahrenen Disponent:innen. Diese werden vom System gezielt unterstützt: „Das heißt, ich klicke auf den Einsatz, in dem die Anforderungen definiert sind und kann mir durch die Software zeigen lassen: welche Mitarbeitenden haben die passende Qualifikation und sind verfügbar? Und ich kann mir auf einer Karte anzeigen lassen, wer möglichst nah am geplanten Einsatz startet“, fasst Edgar Schülke zusammen. 

„Es macht wirklich Spaß in dem Projekt zu arbeiten, weil man sieht, dass man hier etwas bewegt. Wir bekommen die Leute von Zetteln in dreifacher Ausführung zu einer App. Das ist wirklich ein Bonus, um da 100, manchmal auch 110 Prozent zu geben.“

Dennis Fischer, Product Owner Team Microsoft Business Applications, DB Systel GmbH

Foto Dennis Fischer

Der Grundstein für die weitere Prozessdigitalisierung  

All diese Anpassungen und deren Tests haben insgesamt rund ein Jahr gedauert, berichten die beiden. „Wir sind in der Entwicklung nach dem Sprintprinzip vorgegangen. Alle zwei Sprints – also alle vier Wochen – haben wir uns mit fast allen Niederlassungen in Frankfurt getroffen, haben das Sprintergebnis zwei bis drei Tage getestet und konnten das Feedback gleich an die Entwickler:innen geben“, erinnert sich Edgar Schülke. „Unser ganzes Projektteam war mit großem Engagement dabei, auch weil sie von der Excel-Lösung weg wollten.“ In einem Pilotprojekt konnten zunächst zwei Niederlassungen die Lösungen in der Praxis erproben. Das Feedback ist direkt in die nächsten Sprints eingeflossen. Seit Mai 2024 ist die Lösung in diesen zwei Niederlassungen ausgerollt.  

Wenn insgesamt rund 1.300 Mitarbeitende im Büro und an den Gleisen neue Systeme erhalten, gibt es viel zu erklären. Auch hier unterstützt DB Systel bei den fachlichen Schulungen. Bis Ende des Jahres 2024 erhält eine Niederlassung nach der anderen die neue Lösung. Währenddessen nutzen die Mitarbeitenden zunächst weiterhin ihre angestammten Werkzeuge mit. In Zukunft können die DB Fahrwegdienste auf Basis der bereits geleisteten Arbeit des Projekts aufbauen. Edgar Schülke fasst zusammen: „Die Lösung bildet die Grundlage einer weiteren Digitalisierung. Solange alles nur in Excel war, konnte man sich darüber noch gar keine Gedanken machen.“ Dennis Fischer von DB Systel ergänzt: „Es ist ganz klar, dass das hier nicht nur Disposition ist, sondern der gesamte Prozess auf Seiten der Fahrwegdienste – vom Auftrag bis zur Abrechnung – steht am Anfang der Digitalisierung“. 

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