Der Online-Treffpunkt für digitale Gerätedaten

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Artikel: Der Online-Treffpunkt für digitale Gerätedaten

01/2022 – Bei der Deutschen Bahn nimmt das Internet der Dinge immer mehr Fahrt auf. Ob Sensoren auf Zügen, vernetzte Technik in Bahnhöfen oder an der Strecke: Künftig können erfasste Daten über die konzernweite IoT-Plattform gesammelt, analysiert und zur Verbesserung des Reisenden- und Kundenerlebnisses genutzt werden.

Die Deutsche Bahn setzt seit Jahren konsequent auf die Digitalisierung ihrer Wertschöpfungskette – und diese Reise ist noch längst nicht zu Ende. Es gilt, bestehende Prozesse hinsichtlich ihrer Kostenstruktur und Qualität zu verbessern, aber auch veränderten Bedürfnissen und Nutzungsverhalten mit neuen digitalen Angeboten zu begegnen. Das heutige Produktionssystem muss optimiert werden, um die eigenen Prozesse effizienter, schneller und kostengünstiger zu machen. Zum Beispiel, indem mehr Züge auf dieselbe Strecke gebracht werden. Gleichzeitig muss die Bahn innovativ und attraktiv sein und dazu Fahrgästen und Kunden neue Services anbieten – etwa die elektronische Bestellung von Speisen und Getränken direkt am Platz im ICE oder eine Sendungsverfolgung im Güterverkehr. Der Schlüssel dazu ist bessere Information über die einzelnen Assets – und davon gibt es im DB-Konzern eine ganze Menge.

Assets im DB-Konzern  
  • über 2.600 Stellwerke 
  • gut 65.500 Weichen 
  • rund 5.400 Bahnhöfe mit Anzeigen, Uhren, Fahrstühlen und Rolltreppen 
  • rund 8.500 Loks, ICEs und Triebzüge 
  • über 78.000 Güterwagen im Cargo-Bereich 
  • zahlreiche Instandhaltungswerke 

(Angaben laut Konzernpräsentation 09/2021) 

Allerdings: „An vielen Stellen wissen wir gar nicht genau, wie es unserem Produktionssystem im Detail geht. Wenn eine produktive Anlage im Instandhaltungswerk oder ein Fahrzeug ausfällt, ist es für eine geeignete Gegenmaßnahme häufig bereits zu spät“, erzählt Alexander Richter, Product Owner Internet of Things (IoT) bei DB Systel. „Unerwartete Ausfälle oder Verhaltensweisen sind früher und besser behandelbar, wenn die Zustände der Anlagen mithilfe von IoT erfasst und verstanden werden.“ 

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Die Gewinnung hochaktueller Zustandsdaten aus dem operativen Feld der Deutschen Bahn durch IoT ermöglicht eine Vielzahl nutzenstiftender neuer Anwendungsfälle


Möglichkeit prädiktiver Analyse 

Seit Juli 2021 gelingt das über die IoT-Plattform der DB Systel. Hier werden alle Daten, die durch Sensoren und andere Erfassungsmethoden generiert werden, aufbereitet, verarbeitet, zusammenhängend analysiert und nutzbringend in Fachanwendungen integriert. Die Ist-Werte geben so Auskunft über den aktuellen Zustand. „Wir können in die Gegenwart schauen und feststellen, wie es der Anlage in diesem Moment gerade geht“, sagt Alexander Richter. „Wir können aber auch in die Anlage schauen und anhand ihrer operativen Daten einen Gesundheitszustand ermitteln, der einen Blick in die Zukunft und damit eine Prognose ermöglicht. Das nennt sich prädiktive Analyse: Wenn es so weitergeht, wird etwas Bestimmtes passieren. Und darauf reagieren wir dann vorsorglich.“ Im besten Fall wird bei einer Auffälligkeit automatisch eine Aktion ausgelöst, die das aufkommende Problem mindert und verhindert. 

„Wer eine fachliche Lösung realisieren will, muss kein IT- oder Security-Experte sein, da die digitalen Werkzeuge auf dieser Plattform gehärtet und gebrauchssicher sind. Wer diese einsetzt, kann sich darauf verlassen, dass sie auch funktionieren.“

Alexander Richter, Product Owner Internet of Things, DB Systel

Alexander Richter

Von der Beschaffung der Technik über die Konnektivität, die Erfassung der Daten und deren Bearbeitung bis hin zur Auswertung und Überführung in die jeweiligen Prozesse: Für den Einsatz von IoT muss eine lange Kette zusammengesteckt werden, bis überhaupt etwas gesteuert werden kann. Das ist ziemlich anstrengend, komplex und teuer. „Diejenigen, die die fachlichen Probleme lösen wollen, sollen sich auf den eigentlich fachlichen Nutzen konzentrieren und sich nicht über den ganzen Rest Gedanken machen müssen“, meint Alexander Richter. Mit der zentralen IoT-Plattform erhalten die Anwender:innen aus verschiedenen Geschäftsfeldern einen prall gefüllten Werkzeugkasten. Die digitalen Werkzeuge stellt DB Systel zu Verfügung. „Wer eine fachliche Lösung realisieren will, muss kein IT- oder Security-Experte sein, da die digitalen Werkzeuge auf dieser Plattform gehärtet und gebrauchssicher sind“, stellt Alexander Richter zur Kernbotschaft der Plattformstrategie dar: „Wer diese einsetzt, kann sich darauf verlassen, dass sie auch funktionieren.“ 

„Beteiligung wird belohnt“ 

Um das zu gewährleisten, wird bei den Plattformen auf hochmoderne Cloud-Technologie gesetzt, zum Beispiel von AWS (Amazon Web Services) und Microsoft. Die Innovationsgeschwindigkeit der größten IT-Unternehmen der Welt lässt sich nicht überbieten. Die großen Partner stellen pro Tag mehrere 100 neue Funktionen bereit. Die Kunst besteht darin, mit den Angeboten der Cloud-Partner intelligent zu jonglieren. „Wir müssen flexibel und innovationsdurchlässig bleiben. Wir wählen aus dem Angebot genau das aus, was wir für die Digitalisierung der DB heute brauchen, und bieten es so an, dass es innerhalb der Bahn möglichst einfach und auf eine sichere Art und Weise genutzt werden kann. Wir müssen dafür sorgen, dass IT noch aktiver von jenen mitgestaltet werden kann, die keine IT-Profis sind.“ Das Ziel ist klar: Immer häufiger soll mit den Werkzeugen gearbeitet werden, die es bereits gibt, damit nicht versucht wird, alles selbst neu zu erfinden. „Wir stellen sicher, dass unsere digitalen Services ausreichend gehärtet sind, so dass sie sicher und zuverlässig funktionieren“, so Alexander Richter weiter. Hinter dem Angebot steht die Selbstbefähigung der Konzernpartner:innen der Deutschen Bahn. Und je mehr dieses Angebot wahrgenommen wird, desto günstiger wird es für alle. Aber auch technologisch profitieren alle Anwender:innen. „Wenn die Anwender:innen sich einbringen und Anforderungen an die Plattform formulieren, wird das Angebot weiter auf sie zugeschnitten. Beteiligung wird belohnt.“ 

 

„Auf Basis umfassender und in Echtzeit verfügbarer Daten richten wir unser Geschäft nachhaltig und konsequent an den Bedürfnissen der Fahrgäste aus.“

Sönke Schmidt, Leiter Data & Productivity Solutions, DB Fernverkehr AG

Soenke Schmidt

Das hat auch DB Fernverkehr, einer der ersten Partner für die IoT-Plattform, erkannt. „Auf Basis umfassender und in Echtzeit verfügbarer Daten richten wir unser Geschäft nachhaltig und konsequent an den Bedürfnissen der Fahrgäste aus. Unsere Datenexpert:innen bringen dafür sowohl die Perspektive der Reisenden als auch die von Fahrzeugen, Werken und Personal in der aktuellen Betriebs- und Verkehrslage zusammen, bereiten Entscheidungen vor und leiten Steuerungshebel zur weiteren Verbesserung ab“, unterstreicht Sönke Schmidt, Leiter Data & Productivity Solutions bei DB Fernverkehr. Die IoT-Plattform ist hierfür ein wichtiger Baustein und bildet die Basis für den digitalen Zwilling des Fahrzeuges. „Wir setzen voll auf das Zusammenspiel der IoT-Plattform als Konzern-Plattform mit unserem Fernverkehr Data Lake (FLake). Wir binden in der Plattform die Sensorik und die Telemetrie unserer ICE-Flotte sicher und standardisiert an, um auf dieser Basis zum Beispiel ein Echtzeit-Monitoring zu realisieren.“ 

„Die IoT-Plattform ist für uns eine Möglichkeit, die große Bandbreite verschiedener Schnittstellen zu standardisieren.“

Florian Hoffmann, Product Owner Data Lake, DB Fernverkehr AG

Florian Hoffmann

Florian Hoffmann ist bei DB Fernverkehr Product Owner Data Lake. Auch er ist von den Vorteilen der neuen Plattform überzeugt: „Die IoT-Plattform ist für uns eine Möglichkeit, die große Bandbreite verschiedener Schnittstellen zu standardisieren. Als Product Owner muss ich mich beispielsweise nicht mehr um das Zertifikate-Handling oder die Abnahme von Schnittstellen durch Sicherheitsexpert:innen kümmern. Durch das zentrale System habe ich weniger Komplexität in meiner Anwendung.“ In einem ersten Schritt wurden die Komfort-IT-Komponenten der ICE-Flotte an die IoT-Plattform angebunden und ein Monitoring über die Verfügbarkeit und Qualität des WLAN-Services etabliert. Wenn Router, Access-Points oder andere zentrale Komponenten gestört sind, ist das eine Information, die vom Zug in die IoT-Plattform gesendet wird. Mit dem Neartime-Monitoring im sogenannten Service-Monitor kann die Betriebsführung sofort auf Störungen reagieren und deren schnellstmögliche Behebung veranlassen. 

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IoT verbindet die physische mit der digitalen Welt und erfordert häufig vollen Körpereinsatz vor Ort


Doch die Möglichkeiten von IoT können allen Geschäftsbereichen helfen – und das in mindestens zwei Richtungen: In der Optimierung bestehender eigener Prozesse oder in der Schaffung neuer Wertangebote für Reisende und Kunden und damit der Erschließung neuen Marktpotentials. Die IoT-Plattform bietet dafür eine Sammlung von verwalteten, einsatzfertigen elementaren Plattformdiensten und Funktionen, mit denen sich IoT-Ressourcen und deren Daten einfach und sicher verbinden, verwalten und für Cloud-Anwendungen des Deutsche-Bahn-IT-Ecosystems zur Verfügung stellen lassen. Sie ist also das Bindeglied, um operative Assets in digitale Anwendungslandschaften der IT zu integrieren und bidirektional miteinander interagieren zu lassen. „Ziel ist es, unser Produktionssystem so zu gestalten, dass die Teilnehmenden in diesem Netzwerk sich autonom und auf Basis ihres eigenen Zustandes untereinander austauschen können, um bessere Entscheidungen zu treffen. Dafür müssen wir dichter an die Assets ran und sie besser verstehen. IoT ist hierfür der Wegbereiter, und die Potentialgebiete in der Deutschen Bahn sind sehr groß“, so Alexander Richter.

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