Neues kundenzentriertes Datenmodell
Artikel: Schnellbaukasten für bessere Reisendeninformation
10/2020 – Kooperationsvertrag zwischen DB Systel und Konzernbereich Reisendeninformation legt Fokus auf die zentrale Entwicklung und Veröffentlichung von APIs.
Um den Datenstrom der Deutschen Bahn effektiver zu nutzen, gehen die DB Systel und der Konzernbereich Reisendeninformation (TR) im Vorstandsressort „Digitalisierung und Technik“ neue Wege. Im Rahmen eines innovativen Modells der Zusammenarbeit erschließen sie bislang an diversen Stellen im Konzern existierende Reisendeninformationen, um diese zentral verfügbar und einfacher verknüpfbar zu machen. Ziel der Kooperation ist die optimale Nutzung des DB-Datenstroms in der API des Reisenden-Informations-Systems (RIS-API). Hinter dem Begriff API versteckt sich der Begriff Application Programming Interface. APIs dienen der Einbindung vorhandener Daten und Funktionen in neue digitale Anwendungen.
Alle Abteilungen des DB-Konzerns sollen zukünftig mithilfe von RIS-API-Bausteinen neue digitale Services schnell, funktional und günstig entwickeln können. RIS-API-Bausteine stehen für einzelne Services. Diese stellen bestimmte Geschäftsfunktionen wie etwa die Wagenreihung oder die Fahrplandaten im Rahmen der Reisendeninformation zur Verfügung. Die einzelnen Bausteine sind frei miteinander kombinierbar.
Die zentrale Nutzung der RIS-API garantiert Datenübereinstimmung unterschiedlichster Informationskanäle – ob Anzeiger an den Bahnhöfen, Mitarbeiter-Apps, Portale oder Fahrgast-Informationssysteme in den Zügen.
Den Fokus neu setzen
„In 75 Prozent aller Fälle macht es keinen Sinn, dass die Abteilungen ihre Anwendungen von A bis Z selbst entwickeln“, sagt Sebastian Frank, Lead Business Engineer bei TR. Zweckmäßiger ist es, die vordefinierten Bausteine der RIS-API zu verwenden, um Ideen für einen Use Case kostengünstig und schnell umzusetzen. Auf diese Weise werden die Datenschätze der DB sicht- und nutzbarer. Außerdem lassen sich so Fehler vermeiden, die in der Vergangenheit durch manuelle Prozesse und Medienbrüche entstanden sind.
Nach und nach werden jetzt die ersten Bausteine dieses neuen Datenmodells produktiv gestellt. Partner von TR ist dabei die DB Systel. „Bei TR sind wir gut darin, Reisendeninformation kundenzentriert zu denken, Prozesse zu optimieren, Datenmodelle zu gestalten und Daten zu konsolidieren“, sagt Frank. „Aber wir brauchen einen Partner mit Know-how im Bereich API-Design und Entwicklung – der uns von der Konzeption über die Entwicklung bis hin zum Betrieb unterstützt. Den haben wir mit den Kollegen aus den Service-Teams des Business Hub innerhalb der DB Systel gefunden.“
Gemeinsam besser mit Kooperationsvertrag
Dabei handelt es sich aber nicht um ein klassisches Auftraggeber-Auftragnehmergeschäft, sondern um eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe, auf Basis eines Kooperationsvertrages. „Darin haben wir die Zusammenarbeit fixiert: Wie arbeiten wir zusammen? Wann gibt es Abstimmungsrunden? Wie wird gemeinsam entschieden? Wie finden wir gemeinsam Kunden für die RIS-API?“, weiß Claudia Horn, DB Systel Business Consultant bei der API-Plattform Business Hub.
Der Grund: Die geschäftliche Grundlage der Kooperation ist das Modell des Risk and Revenue Sharing, das heißt, die Kosten des Projekts werden ebenso wie die späteren Erlöse geteilt. Letztere werden direkt in die Weiter- und Neuentwicklung neuer Funktionen und Services reinvestiert. Praktisch bedeutet das, die gemeinsamen Ideen jeweils auf Machbarkeit abzuklopfen und jeden Schritt des Projekts gemeinsam zu gehen.
Ein weiterer Vorteil ist das Verknüpfen der Netzwerke. Jeder Kooperationspartner kennt natürlich viele Ansprechpartner im Konzern, die den Bedarf für RIS-Bausteine haben. Diese Informationen zu bündeln sorgt natürlich für eine weitaus größere Reichweite im Konzern. Die Vielzahl an Kunden macht es möglich, dass die Services nicht Speziallösungen werden, sondern für möglichst viele Bereiche interessant gestaltet werden.
Reisendeninformation wird individueller
Tim Leiner, Enterprise Architect bei TR, weiß einen weiteren Nutzen sehr zu schätzen: „Sich über das zentrale Datenmodell und über Fachlichkeiten klar zu werden, erfordert viele Diskussionen. Das ist zwar mitunter anstrengend und aufwendig, aber es macht das Produkt viel stabiler, viel kundenorientierter. Der Aufwand lohnt sich einfach.“ Nicht zuletzt deshalb ist der RIS-API-Output beachtlich. Die Agenda sieht bis Ende des Jahres die Veröffentlichung von vier Bausteinen vor: für Fahrtverläufe, Abfahrtstafel, Anschlüsse und Stationswissen, Letzteres inklusive Indoor-Routing für 38 der bereits digitalisierten Großbahnhöfe. Anfang des nächsten Jahres folgt der Event-Baustein. Er hält Daten über Fahrtänderungen bereit. „Dateninformationen anzureichern ist das eine Thema. Das andere ist, Reisendeninformation individueller zu gestalten“, betont Sebastian Frank. „Wir werden darum auch kartenzentrierte Reisendeninformation oder Informationen zum Schienenersatzverkehr integrieren.“ Kooperation auf Augenhöhe sowie Risk and Revenue Sharing machen aus der RIS-API also nicht nur ein Treibhaus für optimale Services, sondern auch einen Innovationsmotor.